Gastgeber

Manch einer empfindet Gäste als lästig. Aber wenn man es geschickt anstellt, belästigen die einen nie wieder. Hier ein Vorschlag.

Nudeln aldente

Herzlich Willkommen

Es gibt Menschen, die würde man als einen „guten Gastgeber“ bezeichnen. Was den genau ausmacht weiß ich nicht. Da gibt’s wohl keine Regeln, sondern eher ein Empfinden.

Manche überschlagen sich förmlich und lassen einen Besuch fast unentspannt werden.
Bei Freundin ...nennen wir sie hier Grit... beispielsweise trinke ich einfach lieber: Nichts. Oder höchstens 1 Glas Wasser.
Kaffee lehne ich ab. Sie würde nämlich fragen, ob ich Milch dazu möchte, um dann aufzuspringen und ins Dorf zu eilen, um bei Bauer Kalubke ne Kuh zu melken. Schließlich soll die Milch ja frisch sein für den Gast, ge?
Auch bei einem einfachen Glas Wasser kann man locker 10 Fragen stellen: Leitungswasser? Mineralwasser? Mit Sprudel? Ohne? Ne Zitrone rein? Eiswürfel?
...Irgendwann schrei ich sie an: HINSETZEN! Klappe halten! Und dann muss ich auch eigtl. schon wieder los.

Tante Brigitta hat uns bereits als Kinder maßlos verwöhnt. Liegewiese vorm Kamin, Frühstück im Bett...Und noch heute übertreibt sie es regelmäßig ein klein wenig. „!ch hab uns noch ein bissl Kuchen geholt.“
Ich starre auf die riesige Sachertorte auf dem liebevoll gedeckten Wohnzimmertisch. “Und die hier wollte ich einfach mal probieren“ sagt sie und schwebt mit einem weiteren Kuchenteller herein. Köstlichkeiten aller Art, 50cm hoch aufgetürmt, 80Millionen Kilokalorien für eine Horrorsumme, weil sie es (natürlich) aus dem KaDeWe geholt hat.
Ich zähle mehrmals die Anzahl der Gäste durch: Zwei. Also Sie...und ich. Wahnsinn.
Den Rest (haha) darf ich dann mitnehmen für die Jungs. Auch den Käse, den sie besorgt hat und die Süßigkeiten und ...Zum Glück bin ich mit dem Auto da. Herrlich. Ich genieße die Extraportion Fürsorge.

Und dann gibt es die anderen. Freunde, die dich über Jahre regelmäßig belagern und deine Küche loben und wenn du sie EINMAL besuchst backst du morgens lieber noch n Kuchen, weil du schon ne Vorahnung hast, dass da nix aufm Tisch stehen wird. Und Tatsache: wir essen den ganzen Tag meinen Guglhupf, weil sie nichts eingekauft, geschweige denn gekocht oder gebacken haben.
Man soll ja nichts erwarten. Erwartung ist die kleine Schwester von Enttäuschung. Da haben wirs wieder. Ich hab trotzdem was erwartet. Ne Stulle wenigstens. ;-) .

Aber eigtl. wollte ich nur von der Einladung einer Arbeitskollegin erzählen, die sich mir traumatisch eingebrannt hat. (Und wirklich eingebrannt, denn das ist 26Jahre her. Mann, ich bin echt nachtragend!) .

Wir arbeiteten damals zusammen im Krankenhaus. Sie wohnte im Schwesternheim und lud mich und meinen Freund zu sich zum Essen ein. Das Zimmer war eher praktisch als gemütlich und Stuhl 3 und 4 hatte sie von den Nachbarn geborgt. Kein Problem.
Es gab Spaghetti mit...ich nenn es mal humorvoll "Tomatensoße". Die Spaghettis waren mehr als bissfest. Also eigtl. gerade mal so weich, dass sie nicht noch im Topf standen. Ihre Erklärung: „Ich hatte jetzt keinen Bock mehr, da ewig in der Küche zu stehen!“ Ihr Ton machte deutlich: An so einem aufwendigen 3-Gänge-Menü hatte sie keine Freude. Und die Soße? Tja, ich vermute, es handelte sich um erwärmten Ketchup.

Na gut. Da ihre Laune nicht die Beste war (wer steht schon gern stundenlang in der Küche?) verabschiedeten wir uns frühzeitig, boten ihr aber noch unsere Hilfe beim Abwasch an.

Fehler. Schlimmer Fehler!

Sie wäscht immer in ihrem Bad ab, erklärte sie uns. Im Waschbecken. Vielleicht bin ich spießig, aber sowas find ich eklig.
Wo ist der Lappen? frage ich leicht angewidert. Am Klo. Natürlich. Da hing er...überm Kackerohr. „Ich mach das!“ zischte sie mich an und übernahm das Kommando. Die abgespülten Teller stellte sie daraufhin umgedreht auf den Klodeckel...Topf und Pfanne auf den Duschvorleger. Das Besteck warf sie beherzt an mir vorbei ins WoZi auf den Teppich. „Kann da besser abtropfen“.

Alles klar. Schnell weg...Notiz an mich selbst: 1.Keine Verabredungen mehr mit Doreen! 2. Herpescreme besorgen.

Boah. Boah.