Ich bin Django. Und ich bin Anwalt.

Najaaaa...

nicht direkt. Aber mein Herrchen schon. Fachanwalt sogar. Zweifacher! Für Erbrecht und Familienrecht. Und dann bin ich das doch irgendwie auch. Im Fernsehen hab ich Mädels gesehen, die sich Zahnarztfrau nennen. Dabei tragen die einfach nur nen Ring am Finger und zeigen blitzende Zähne. Und bestimmt wissen die nicht einmal, was ne Parodontose ist. Mich könnt ihr sehr wohl nach dem Berliner Testament fragen. Oder so. Lange Rede: Ich bin Anwaltshund.

Wenn man 24/7 an der Seite seines Bosses ist, bei jedem Termin unterm Tisch hockt und die Intelligenz nicht nur zum Stöckchen holen reicht, weiß man ne Menge. Vermutlich könnte ich den Boss auch mal im Urlaub vertreten.

Wenn ichs richtig bedenke, könnte mein Boss sogar in der Kanzlei in Berlin sitzen und ich in unserem neuen Büro in Kyritz. Wenigstens für kleine Beratungsgespräche. So richtig neu ist dieses Kyritz für uns nicht, der Boss hatte schon eine Kanzlei hier, aber zwischendurch verlagerte er die nach Neuruppin und Berlin.

Jetzt also Berlin und Kyritz. Ist hier einfach sein Hood. Die Leute kennen ihn, empfehlen ihn. Er genießt es, auf dem Weg zum Bäcker Bekannte zu treffen, die freundlich grüßen und zum Quatschen stehen bleiben.

Seit Kurzem arbeitet er immer mal im Homeoffice. Ich LIEBE das. Ich meine, nicht, dass sich was an meinem Tagesablauf ändert,…morgens ne kleinere Runde Gassi, nachmittags ne große…aber mein Boss ist einfach entspannter, wenn er von daheim arbeitet. Und wenn er zufrieden seufzend Fotos aus dem Fenster macht, weil der Ausblick so furchtbar kitschig ist, weiß ich, er mag das auch. Also das mit dem Homeoffice.

Ich genieße das auch deshalb, weil ich von daheim weniger Drama mitbekomme. Ihr könnt euch das nicht vorstellen, was in der Kanzlei manchmal abgeht! Familienrecht. Da gehts mitunter hoch her. Gerade nach Trennungen liegen oft die Nerven blank. Da gehts um die Welpen, Besuchsrecht, Unterhalt, die Familienhütte usw. Viiiiele frische Emotionen. Oft ungefiltert. Und bestenfalls hängt das Jugendamt noch mit drin. Mein Boss führt dann unzählige Gespräche und Telefonate.

Letztens legte er den Hörer auf, sah mich an und seufzte: „Ich möchte mal wissen, warum ICH keine kassenärztliche Zulassung habe, wo ich doch nichts anderes mache als Psychotherapeuten“. Aber während ich ab und an anfange zu knurren, bleibt mein Boss ganz entspannt. Er tröstet, berät, kümmert sich. Versteh einer die Menschen.

Mein Boss - Moment, hab ich den eigentlich schon vorgestellt? Rico Ratschke. RR. 52. Ursprünglich aus Breddin. So ein Nest in OPR, wo ich, wenn wir den Nachwuchs vom Boss besuchen, immer aufm Hof bleiben muss, weil die Bahn hinterm Zaun Richtung Berlin donnert.

So ein typischer Anwalt ist er vom Typ her irgendwie nicht. Und ich hab schon viele gesehen! Also son Anzugträger mit Stock im… ist er so gar nicht. (Tschuldigung. Sowas darf man nicht sagen. Ich weiß. Aber Hey! ich bin hier nur der Hund!)

Im Gericht dann zieht auch mein Boss eine von diesen schwarzen Kitteln an. Der Sinn erschließt sich mir nicht und auch Rico sagt, er bräuchte so eine Robe nicht. Aber das hat was mit Respekt und Achtung zu tun, soll eine gewisse Atmosphäre und Bedeutung aufladen und bringt Ehrfurcht und Ordnung mit in den Saal, hat er mir erklärt. Und trotzdem steigt er nach so einer Verhandlung manchmal zu mir ins Auto, in dem ich meist auf ihn warte, und reibt sich die Stirn. „War DAS wieder ein Gekreische im Saal!“ Er findet das „unterirdisch“, wie sich manche benehmen. Danach ist unsere Hunderunde besonders lang.

Auch wenn der Boss sich lieber gütlich mit der Gegenseite einigt, landen manche Streitereien vor Gericht. Früher sind Auseinandersetzungen (zumindest im Erbrecht) eher außergerichtlich gelöst worden, sagt er. In den letzten Jahren jedoch nehmen die Streitfälle vor Gericht zu. Vielleicht sind die Menschen raffsüchtiger geworden? Aggressiver? Keine Ahnung. Ich bin hier nur der Hund.

Wenn der Boss wählen könnte, würde er einen Fall im Erbrecht immer einem im Familienrecht vorziehen. Und ich kann das verstehen. Das findet mehr auf der rationalen Ebene statt. Das ist nicht so hektisch, dafür strukturiert und dogmatisch.

Und doch muss ich mich auch hier echt über die Spezies Mensch wundern. Wie viel Streit so ein Testament auslösen kann. Oder umgekehrt ein nicht aufgesetztes Testament. (Nur 10% der Leute schreiben ein Testament!) Oder ein nicht auffindbares. Oder eins, das zwar geschrieben, aber mit den Angehörigen nicht besprochen wurde.

Dabei kann man mit nur EINEM Satz ganz viel Unheil vermeiden, hat mir der Boss erklärt. Der Klassiker: Mann und Frau haben ein Haus, zwei Kinder. Einer von beiden stirbt. Wenn nichts „aufgesetzt“ ist, müsste der eine Elternteil im ungünstigsten Fall die Hälfte des Wertes vom Haus an die Kinder auszahlen. Aber wer kann das schon? Wenn man aber z.B. schreibt: Ich verfüge, dass nach meinem Tod meine Ehefrau alleinige Erbin ist, hat man schon viel Stress vermieden.

Mein Tipp: Reden Sie mit ihrem Wurf über das, was und wie Sie vererben wollen! Überraschungen sind nie gut. nie! Nie! Nie! Wenn rauskommt, dass Tochter Irmgard schon vor zehn Jahren das Haus überschrieben bekommen hat…Eijeijei.

Das Testament muss übrigens mit der Hand geschrieben sein. EigenHÄNDIG eben. Also nicht nur die Unterschrift und der Rest an der Schreibmaschine, sondern alles. Und das muss man auch nicht zwingend vom Notar absegnen lassen. Und: Man kann schon mit 16 eins schreiben. Auch wenn man mit 18 erst geschäftsfähig gilt.

Das alles war für mich anfangs ne Mischung aus „böhmischen Dörfern“ und „Raketenforschung“. “Du kannst nicht alles wissen", tröstet mich der Boss. Auch er schlägt öfter mal nach in einem der dicken, schlauen Bücher nach. Und du musst dich auf irgendwas spezialisieren, meint er. Verkehrsrecht, Arbeitsrecht, Mietrecht, Baurecht…das kannst du nicht alles wissen. Und dann biste nicht gut.

Rico entschied sich nach seinem Jura-Studium (Anfang der 90er) für die Fachanwaltspezialisierung im Erbrecht und im Familienrecht. Diese Titel erwirbt man in jeweils mehrwöchigen Kursen mit Klausuren und so. UND: Man muss innerhalb von drei Jahren eine bestimmte Anzahl von Fällen nachweisen. Das ist beim Erbrecht gar nicht so einfach. Mein Boss hat das ganz fix hinbekommen. Da haben die „Mitschüler“ aus den größeren Städten nicht schlecht geguckt.

Aber es muss ja auch mal von Vorteil sein, in einem kleinen Nest aufgewachsen zu sein. Wo man sich kennt. Wo man stirbt und Frau Meier zum Witwer sagt: „Jeh doch mal bei den Ratschke! Der macht sowat!“ Das ist eigentlich fast immer Mundpropaganda, weiß auch der Chef. Und wenn du DANN noch gut bist!? Und das isser.

homo homini lupus

Ganz selten kommen Klienten zu uns ins Büro, denen könnte ich sofort ans Bein pinkeln, so unsympathisch sind die. Ich merk das immer sofort. Menschen brauchen da immer bissl länger. Aber wenn ich knurre, um Rico einen Wink zu geben, schickt er mich raus. Es kam erst selten vor, dass er ein Mandat abgelehnt hat, wenn die Chemie einfach nicht stimmte oder die Klienten nicht mitarbeiteten und wichtige Unterlagen nicht lieferten oder unaufrichtig waren oder oder

Aber auch unsympathischere Klienten haben das Recht, beraten und vertreten zu werden. Auch sie haben Ansprüche, sagt Rico. Aber diese Fälle arbeitet der Chef einfach nur ab. Professionell, aber unberührt.

Da kamen echt mal Leute, die wollten gleich nach dem Tod von Oma Erna ein Schreiben aufsetzen lassen. Rico hat ruhig, aber bestimmt gemeint: “Na die Beerdigung warten wir wohl wenigstens noch ab!“ Das ärgert ihn. „Sowas macht man doch nicht! Das ist pietätlos!“

Ich verkrümel mich dann. Setz mich an Katjas Tür. Da sitz ich eh viel lieber. Katja ist mein heimlicher Schwarm und ich muss sie einfach anhimmeln. Sie arbeitet für Rico und muss als ReNo-Gehilfin die Texte in den Rechner hämmern, die er ihr vorher in das Diktiergerät stammelte. Und auf der anderen Seite sitzt Claudi in ihrem Büro. Ich habs schon gut, oder? ;-) Claudi kümmert sich um Leute, die nicht (mehr) geschäftstüchtig sind und einen Vormund brauchen, wenn es keine Angehörigen gibt, die sich kümmern können. Oder wollen. Das sind meist genauso traurige Geschichten wie beim Boss.

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Jaaaa, Ihr denkt euch das immer so leicht! Das is n harter Job, den wir da machen! Und am Wochenende gehen wir zum Abschalten zu ner Feier oder unter Leute und wenn einer mitbekommt, dass Rico Anwalt ist….: „Aaaach, Sie sind Anwalt?“ und schon gehts los. Irgendne Frage hat JEDER. Mich nervt das. Und mein Boss ist da für meinen Geschmack zu gutmütig. Ein befreundeter Anwalt behauptet auf Nachfrage zu seinem Job immer: „Ich arbeite aufm Bau“. Damit hat er Ruhe und erteilt nicht stundenlang Rechtsauskünfte. Clever.

Oft vertritt der Boss Frauen, wo es um Kindschafts - und/oder Unterhaltsrecht geht. Dann knurrt er manchmal auch und meint: „Was gibt es nur für Arschlöcher!“ Damit meint er wohl die Exmänner.

Grundsätzlich arbeitet er lieber an Fällen, wo er sich „auf der richtigen Seite fühlt“. Klar. Vermutlich will er nach seinem Tod in den Himmel. Aber den Zahn kann ich ihm ziehen. Allein schon wegen der Zigarillos, die er immer mal raucht. Die riechen immer herrlich nach Vanille, aber gesund sind sie deshalb nicht. Den guten Whisky, den er manchmal dazu trinkt, wird „der da oben“ nicht zählen, denk ich. Aber was weiß denn ich. Wie gesagt: Ich bin hier nur der Hund.

RA R. Ratschke FA Familienrecht/ FA Erbrecht 16866 Kyritz Weberstraße 67

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